Die USA sind nach wie vor die führende Startup-Nation, aber Asien und dort vor allem China holt mächtig auf. Und wie sieht es in Europa aus? Welche Metropolen haben hier die Nase vorn und wie schlagen sich im internationalen Vergleich die deutschen Hotspots? Verschiedene Untersuchungen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, die Nummer eins ist allerdings unumstritten.
Das Silicon Valley ist und bleibt der Nabel der Startup-Welt. Zu diesem Ergebnis kommt der Global Startup Ecosystem Report 2020, der fast 300 Städte und Regionen bewertet. In sechs Kategorien waren jeweils bis zu zehn Punkte zu erreichen und das Valley erzielt fast überall den Höchstwert. Den zweiten Platz teilen sich New York und London. Die nächste europäische Hauptstadt findet sich erst auf dem zehnten Rang wieder und es ist, etwas überraschend, Stockholm. Auch mit der Region Amsterdam auf Platz zwölf war so weit vorne nicht unbedingt zu rechnen, während viele Paris (13) und Berlin (16) vermutlich etwas höher eingeschätzt hätten.
Deutschland zweimal unter den Top 40 der Welt
Danach dauert es eine Weile, bis mit der Region Bern-Genf (eine geografisch etwas seltsame Kombination) und München gemeinsam auf Position 31 wieder zwei weitere europäische Startup-Ökosysteme auftauchen. In den Top 40 außerdem noch Kopenhagen und Dublin (beide 36) vertreten. Europa belegt also nicht einmal 25 % der Plätze in dieser Rangliste, Deutschland ist immerhin als einziges Land des Kontinents mit zwei Vertretern dabei. Zum Vergleich: Die USA kommen auf 14, China auf sieben.
Außer den Top 40 listet der Report auch noch die 100 „Emerging Ecosystems“ auf, als die vielversprechendsten Aufsteiger. Hier haben es aus Europa Zürich, Helsinki, Barcelona, Madrid und Manchester-Liverpool unter die ersten zehn geschafft. Insgesamt 38 europäische Startup-Ökosysteme haben es in diese Wertung geschafft, aus Deutschland sind noch Hamburg (21-30), das Rheinland (41-50), Frankfurt und Stuttgart (beide 61-70) dabei. Den Blick wieder auf die Spitzengruppe gerichtet fällt auf, dass sowohl Berlin als auch München an Boden verloren haben, und zwar sechs beziehungsweise fünf Plätze gegenüber 2019. Die besten Resultate erzielen die Städte jeweils in der Kategorie „Connectedness“. Netzwerken scheint also eine deutsche Spezialität zu sein.
Berlin und Paris fast gleichauf
Die spielt bei der Rangliste, die EU-Starups erstellt hat, allerdings keine Rolle. Die Kriterien sind hier relativ überschaubar: als Vorfilter die Herkunftsorte der Webseitenbesucher:innen, dann die Zahl der Gründungen in den letzten drei Jahren und schließlich die Summe der Finanzierungen der letzten zwölf Monate. Die Ergebnisse fallen aus deutscher Sicht durchaus erfreulich aus. Der Spitzenreiter ist auch hier unangefochten London. Aber dann folgt schon Berlin vor Paris, wobei die beiden sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern. Auf den Plätzen folgen Amsterdam, Barcelona und dann schon München. Das in der globalen Auswertung so hoch eingestufte Stockholm schafft es hier nur auf Rang acht.
Ein weiterer signifikanter Unterschied: Bei EU-Startups zählt München zu den Aufsteigern, im Rahmen der vorherigen Erhebung 2018 hatte es nur für den zehnten Platz gereicht. Ebenfalls zu den Gewinnern gehört Hamburg, das erstmals den Sprung in die Top 15 geschafft hat, wenn auch nur knapp, eben auf Position 15. Wie plausibel oder transparent die bisher zitierten Auswertungen sind, darüber lässt sich sicherlich streiten. Deshalb werfen wir noch einen genaueren Blick auf einen Report, der sich ausschließlich mit Startup-Finanzierungen beschäftigt: das EY Startup-Barometer Europa.
Über die Ausgabe für Deutschland, die Berlins Sonderstellung bestätigte, haben wir schon berichtet. Das im April 2020 erschienene Europa-Barometer hilft nun, diese Ergebnisse in einem größeren Rahmen einzuordnen. Dafür wurden für das Jahr 2019 insgesamt 4.246 Finanzierungsrunden mit einem Volumen von 31,113 Milliarden Euro ausgewertet. Das meiste Geld floss demnach nach Großbritannien (11,115 Milliarden), gefolgt von Deutschland (6,078 Milliarden) und Frankreich (5,030 Milliarden).
London spielt in Europa in eigener Liga
Wenig überraschend fällt demnach das Städteranking aus: London vor Berlin und Paris, wobei die Hauptstadt Großbritanniens erheblich mehr Geld eingesammelt hat – 9,111 Milliarden Euro – als die Hauptstädte Deutschlands und Frankreichs zusammen, die mit je gut 3,5 Milliarden fast gleichauf liegen. Auf dem vierten Platz bestätigt Stockholm mit 1,494 Milliarden Euro seinen Ruf als Startup-Hotspot, dicht gefolgt von München mit 1,424 Milliarden. Hamburg erreichte 254 Millionen immerhin noch Rang 14, gemessen an der absoluten Zahl der Deals reichte es sogar für die neunte Position.
Fazit: Auf europäischer Ebene spielt London in seiner eigenen Startup-Liga, daran haben auch die Querelen rund um den Brexit bisher nichts ändern können. Wie sich der endgültige Ausstieg aus der EU auswirken wird und ob die Corona-Krise die europäischen Machtverhältnisse durcheinander wirbeln könnte, ist allerdings noch nicht abzusehen. Vorerst gehören die nächsten Plätze jedenfalls Berlin und Paris, die ziemlich auf Augenhöhe agieren, und Stockholm. Aus deutscher Sicht erreicht noch München internationales Niveau, Hamburg kratzt zumindest daran.
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