Die deutsche Startup-Szene ist bunt und vielfältig, aber auch ziemlich unübersichtlich. Schließlich gibt es kein zentrales Melderegister für Startups und selbst die Definition, welche Unternehmen überhaupt in diese Kategorie fallen, ist nicht ganz eindeutig. Die beste Übersicht über das Ökosystem gibt der 2013 entstandene Deutsche Startup Monitor. Die Ergebnisse der Ausgabe 2020 schauen wir uns hier genauer an.
Laut Deutschem Startup Monitor sind Startups Unternehmen, die nicht älter als zehn Jahre sind, sich mit (hoch)innovativen Technologien oder Geschäftsmodell beschäftigen und hohes Wachstumspotenzial haben. Bei der Befragung für die Ausgabe 2020 haben 1.946 Startups mitgemacht, die insgesamt 4.745 Gründerinnen und Gründer sowie 25.966 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vereinen. Die Auswahl ist im strengen Sinn nicht repräsentativ, die niemand die Gesamtzahl der Startups in Deutschland und ihre Struktur kennt, aber die hohe Fallzahl ermöglicht eine Reihe aussagekräftiger Ergebnisse. Initiiert hat die Befragung der Bundesverband Deutsche Startups mit der Unterstützung von PwC Deutschland.
Berlin ist Deutschlands internationale Startup-Metropole
19,1 % der befragten Unternehmen haben ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Berlin mit 17,7 %. Das heißt nicht zwingend, dass tatsächlich fast ein Fünftel aller deutschen Startups aus der Hauptstadt kommen. Die Szene dort ist besonders aktiv und gut vernetzt und daher im Zweifelsfall in der Befragung eher überrepräsentiert. Den Status als Startup-Metropole von internationalem Rang hat Berlin aber zweifellos verdient. Das spiegelt sich auch in einem anderen Ergebnis wider: Fast 43 % der Beschäftigten in Startups stammen dort nicht aus Deutschland, bei mehr als 60 % der Teams ist Englisch die vorherrschende Arbeitssprache. Solche Werte hat kein anderes Bundesland vorzuweisen, im Durchschnitt liegt der Auslandsanteil bei gut 26 %.
Bei einer anderen Frage ist es mit der Vielfalt längst noch nicht so weit her. Der Anteil der Gründerinnen liegt nur bei knapp 16 %, eine Zahl, die sich in den letzten Jahren kaum verändert hat. Das ist besonders ernüchternd, weil der Frauenanteil bei Existenzgründungen insgesamt bei immerhin 36 % liegt. Erfreulicher ist da schon die Rolle, die Startups zunehmend für den Arbeitsmarkt spielen. Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl steigt kontinuierlich und liegt in diesem Jahr bei 14,3. Trotz Corona-Krise planen 90 % der Startups in den kommenden 12 Monaten mit im Schnitt gut sechs Neueinstellungen.
Im Trend: Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit
Die mit Abstand größte Startup-Branche beschäftigt sich mit Informations- und Kommunikationstechnologien. Hier findet sich fast ein Drittel aller erfassten Jungunternehmen wieder. Auf den Plätzen folgen die Kategorien Ernährung/Nahrungsmittel und Konsumgüter sowie Medizin und Gesundheitsgüter mit jeweils um die 10 %. Häufigstes Geschäftsmodell ist Software-as-a-Service mit fast 27 %, gefolgt von Plattformen mit knapp 18 %. Auf technologischer Seite wird die Künstliche Intelligenz (KI) immer wichtiger. Rund 43 % der Befragten gaben an, dass KI auf ihr Geschäftsmodell großen oder sehr großen Einfluss habe. Bei Blockchain liegt der Wert nur bei etwa 8 %. Ein weiteres Trendthema ist Nachhaltigkeit. 43 % der Startups aus dem Monitor lassen sich der Green Economy zuordnen.
Ein Dauerbrennerthema bei Startups ist die Finanzierung. Am Anfang fließen vor allem die eigenen Ersparnisse und Geld von Familie und Freunden. in die Unternehmen. Immerhin 63 % haben bereits externes Kapital aufnehmen können, vor allem von Business Angels und aus staatlichen Fördertöpfen. Besonders begehrt ist Venture Capital (VC), doch hier klaffen Wunsch und Wirklichkeit noch stark auseinander. 42 % wollen es, nur knapp 19 % haben es bundesweit tatsächlich bekommen.Besser sieht das in den Metropolen aus: In Berlin liegt der VC-Anteil bei 39 %, in München bei 29 % und in Hamburg bei 22 %. Parallel dazu steigen der Wunsch nach einem Exit und die selbsterklärte Risikobereitschaft.
Wie Corona die Startup-Welt beeinflusst
Um ein Thema kommt auch der Deutsche Startup Monitor 2020 nicht herum: Corona. Die Pandemie, die zugleich eine Wirtschaftskrise ist, beeinträchtigt 74 % der befragten Startups. Bei immerhin 13 % hat die aktuelle Entwicklung die Geschäftsentwicklung sogar positiv beeinflusst. Am wenigsten Probleme haben die Bereiche Bildung und Finanzen, erwartungsgemäß düster sieht es in der Medien- und Kreativwirtschaft und im Tourismus aus. Bei den Geschäftsmodellen erweisen sich Onlinehandel und Netzwerke als besonders robust. Trotz der Notwendigkeit, die viel zitierte Digitalisierung in allen Bereichen voranzutreiben, herrscht bei Softwareprodukten eher noch Zurückhaltung. Viele potenzielle Kunden haben selbst mit der Krise zu kämpfen.
Genutzt haben Startups die Krisenzeit vor allem zur Weiterentwicklung ihrer Produkte (56 %) und zur Anpassung ihres Geschäftsmodells (36 %). 50 % mussten geplante Investitionen verschieben, doch nur gut 11 % haben Personal abgebaut. Finanzielle Untersützungen brachten hauptsächlich die staatliche Corona-Soforthilfe (36 %) und das Kurzarbeitergeld (22 %). Bleibt noch anzumerken, dass die Ergebnisse der Studie im September 2020 veröffentlicht wurden und die Befragung bereits Ende Juni abgeschlossen war. Die Auswirkungen der aktuellen zweiten Corona-Welle sind daher noch gar nicht abzuschätzen. Wer noch mehr über den Deutschen Startup Monitor wissen möchte, kann sich hier die gesamte Studie gerunterladen.
Beitragsbild: Pixabay
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