Wie stark ein Startup-Ökosystem ist, lässt sich nicht zuletzt an der Zahl und Höhe von Finanzierungsrunden ermessen. Für Deutschland ist die verlässlichste Informationsquelle dafür das Startup-Barometer von EY, das seit 2014 erscheint. Die neuesten Ergebnisse stammen aus dem ersten Halbjahr 2020. Wir haben sie uns mal genauer angeschaut.
Die Corona-Krise habe sich auch negativ auf die Finanzierung von Startups ausgewirkt, ist häufig zu hören. Das Startup-Barometer von EY, das die Finanzierungsmeldungen aus dem ersten sechs Monaten des Jahres auswertet, kann das weitgehend bestätigen, doch es gibt auch positive Signale. Insgesamt flossen 2,202 Milliarden Euro, 22 % weniger als im Vorjahreszeitraum. Der stellte mit 2,813 Milliarden Euro allerdings auch einen Rekord auf; im ersten Halbjahr 2018 waren es nur 2,479 Milliarden gewesen, im zweiten Halbjahr nur 2,112 Milliarden. Die Zahl der Deals erreichte 2020 mit 360 sogar einen neuen Höchststand. Im Januar ging es mit 90 Finanzierungen in Höhe von 627 Millionen Euro richtig vielversprechend los, dann gab es einen Einbruch. Die Gesamtsumme lag aber in keinem Monat unter 200 Millionen und erreichte im Juni wieder 377 Millionen.
Berlin, Bayern – und dann lange nichts
Schon seit Jahren stellt der Standort Berlin alle anderen weit in den Schatten. Das ist umso bemerkenswerter, da die Hauptstadt im Wettstreit mit so großen Bundesländern wie Bayern und Nordrhein-Westfalen steht. Trotzdem ging über 50 % des in Startups investierten Geldes nach Berlin, genauer gesagt 1,135 Milliarden Euro. Bayern steht mit 773 Millionen auch noch recht gut dar, danach wird es eng und mit Baden-Württemberg überschreitet nur noch ein weiteres Bundesland so gerade die 100-Millionen-Schwelle.
Bei den Branchen ist die Verteilung etwas ausgewogener. Den ersten Platz nimmt hier die Kategorie „Software & Analytics“ mit 501 Millionen Euro ein, gefolgt von „Mobility“ (434 Millionen), „FinTech/InsurTech“ (313 Millionen), E-Commerce (285 Millionen) und „Health“ (251 Millionen). Das sind in Deutschland die „Big Five“ hinter denen schon eine größere Lücke klafft. Einen erheblichen Einfluss auf die Statistik haben Megadeals in der Größenordnung von über 100 Millionen Euro. Davon gab es im ersten Halbjahr 2020 mit nur zwei erheblich weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum mit sieben. Dafür stieg die Zahl der Deals zwischen 50 und 100 Millionen von drei auf acht.
Lilium hatte den größten Deal im 1. Halbjahr 2020
Bei den Top-5 der Finanzierungen ist erwartungsgemäß Berlin mit drei Startups am stärksten vertreten, gefolgt von Bayern mit zwei. Den Spitzenplatz mit 218 Millionen Euro holt sich tatsächlich ein bayrisches Unternehmen. Lilium sorgt mit seinen Lufttaxis immer wieder für Schlagzeilen und hat unter anderem Tencent und Starinvestor Frank Thelen mit seiner VC-Firma Freigeist an Bord.
Kein Wunder, dass Bayern souverän den ersten Platz in der Branche „Mobillity“ belegt und dort die Unterkategorie „Aviation“ zwei Drittel des Finanzierungsvolumens einnimmt. Eine noch stärkere Dominanz erreicht Berlin bei „FinTech/InsurTech“ mit 259 Millionen Euro. Einen großen Anteil daran hat die Smartphone-Bank N26 mit 91 Millionen. Insgesamt hat N26 schon weit über 700 Millionen Euro eingesammelt und gilt als eines der wenigen deutschen Einhörner mit Milliardenbewertung. In ähnlichen Regionen bewegt sich mittlerweile auch das E-Commerce Startup Grover aus Berlin, das 195 Millionen Euro auf seinem Konto verbuchen konnte.
Wenn ihr noch mehr Ergebnisse aus der Studie erfahren möchtet, könnt ihr sie hier herunterladen.
Beitragsbild: Stefan Groenveld
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